Es gibt sie immer wieder mal, die „abgesoffenen“ Flachdächer in Holzbauweise, die gerne auch als selbstkompostierende Flachdächer bezeichnet werden. Aber feuchtebelastete Flachdächer sind auch kein unabänderliches Schicksal. Diesen Fällen liegen stets massive Fehler im bauphysikalischen Konzept zugrunde.
Wenn man es richtig macht, passiert so etwas nicht. Flachdächer in Holzbauweise boomen. Das liegt außer an den bekannten technischen und gestalterischen Vorteilen sicherlich zu einem guten Teil auch an der zunehmenden Sensibilisierung für das Thema Nachhaltigkeit und Naturbaustoffe aus regenerativen Rohstoffen. Was aber auch „boomt“, ist die Angst vor Feuchteschäden. Die ist nicht unbegründet, aber heilbar.
Klassische Abdichtung mit Bitumen
In einer Dichtkonstruktion, also zum Beispiel in der Abdichtung mit Polymerbitumenbahnen und Dampfsperren aus PE-Folien, die naturgemäß einen hohen sd-Wert aufweisen (> 100 m), kann es für Dächer in Holzbauweise nur zwei Lösungen geben: eine belüftete Konstruktion oder eine Konstruktion mit hoher Überdämmung. Eine dritte Möglichkeit wären Abdichtungen mit niedrigem sd-Wert, hier eignen sich einige Kunststoffdachbahnen, die auch eine Austrocknung nach oben ermöglichen. Aber hier wollen wir uns auf den häufigeren Fall, die Abdichtung mit Bitumenbahnen, beschränken. Wir wollen Hilfe für ein langjähriges und immer wieder auftretendes Problem leisten und zeigen, dass Konstruktionen vom Typ 4, aber auch Typ 1 oder 2 durchaus keine Risikokonstruktionen sind.
Wir haben es bei Flachdächern in Holzbauweise hauptsächlich mit folgenden Konstruktionen zu tun:
Typ 1: nicht belüftete Konstruktion mit kompletter Wärmedämmung oberhalb der Tragebene (Aufdachdämmung).
Typ 2: nicht belüftete Konstruktion mit Überdämmung, also mit Zwischensparrendämmung und zusätzlicher Wärmedämmung oberhalb der Tragebene.
Typ 3: nicht belüftete Konstruktion mit Zwischensparrendämmung in der Tragebene.
Typ 3 war lange Zeit dominant und hat in dieser Zeit seinen Beitrag zum schlechten Ruf des Flachdachs geleistet. Mittlerweile ist er als Sonderkonstruktion eingestuft und kann als Risikokonstruktion nicht mehr empfohlen werden.
Typ 4: belüftete Konstruktion mit Zwischensparrendämmung in der Tragebene und Luftschicht oberhalb der Wärmedämmung. Kommt heute nicht mehr so häufig vor.
Warmdachaufbau als Dicht-/Dicht-Konstruktion Typ 1
Die zu Recht meistgenutzte, planerisch wie in der Ausführung unproblematischste und zugleich einfachste der unbelüfteten Konstruktionen ist der Typ 1, also der Warmdachaufbau mit der Dämmung komplett oberhalb der Tragebene. Er ist überdies nachweisfrei gemäß DIN 4108-3. Hier liegt über dem Holztragwerk die Dampfsperrschicht, darüber die ausreichend dick dimensionierte Dämmschicht und als Abschluss die Dachabdichtung, zum Beispiel als zweilagige Abdichtung aus Polymerbitumenbahnen. Bei dieser Konstruktion kann die Dampfsperre ebenso wie die Dämmung und Abdichtung bauphysikalisch sicher angeordnet werden, das heißt flächig mit wenigen bzw. keinen Durchdringungen.
Kombination aus Typ 1 und 3: Typ 2
Typ 2 ist die Konstruktion mit „Überdämmung“, eine Kombination aus der einschaligen unbelüfteten Bauweise mit Zwischensparrendämmung (Typ 3) und dem Typ 1. Hier wird die Wärmedämmleistung der Zwischensparrendämmung in der Tragschicht durch die Dämmleistung der oberhalb des Tragwerks liegenden Zusatzwärmedämmung ergänzt. Der Aufbau von unten nach oben: Unterkonstruktion, Luftdichtheitsschicht, Zwischensparrendämmung in der statischen Tragebene, Holztragschale, Dampfsperre (zugleich Behelfsabdichtung), durchgehende Zusatzdämmung und Abdichtungsebene mit zwei Lagen Polymerbitumenbahnen. Auch diese Dachkonstruktion ist bauphysikalisch unbedenklich, wenn die Auswahl und Dimensionierung der Dämmstoffe richtig erfolgten.
Belüftete Konstruktionen: Typ 4
Die belüfteten Konstruktionen mit Zwischensparrendämmung in der Tragebene und einer Luftschicht direkt oberhalb der Wärmedämmung haben zumindest einen großen Vorteil: Sie sind keine Dicht-/Dicht-Konstruktionen – bei funktionierender Belüftung kann bei etwaiger Durchfeuchtung eine Rücktrocknung ganz unproblematisch erfolgen.
Dampfsperre auf Holzschalung: Sie wird mit Breitkopfstiften aufgenagelt und die Naht zweifach geschlossen. (Quelle: BMI)
Die untere Bahnenkante der Überdeckung ist kaltklebend. (Quelle: BMI)
Der Rest außen wird mit dem Schweißbrenner gefügt. Die Andruckrolle hilft zu einem sicheren Nahtverschluss. (Quelle: BMI)
Kein Feuchtigkeitseintrag, keine Diffusion
Bei Dicht-/Dicht-Konstruktionen im Typus 1 findet Feuchtigkeit in der Praxis kaum statt. Bei Polymerbitumenbahnen, insbesondere mehrlagigen Abdichtungen, wird in der Regel eine vollflächige Verschmelzung der beiden Lagen erreicht, sodass selbst bei nachlässiger Nahtfügung eintretendes Wasser nicht weit kommt. Das erhöht die Sicherheit am Dach. Allerdings spielen Austrocknungseffekte durch Diffusion bei durchfeuchteten Dämmschichten praktisch keine Rolle. Und weil freibewitterte Polymerbitumenabdichtungen in der Regel vergleichsweise helle Beschieferungen haben, wirkt sich das zwar positiv auf die thermische Belastung bei Sonneneinstrahlung aus, vermindert aber auch eine Temperaturentwicklung in der Dämmung, die einen erhöhten Dampfdruck zur Folge hätte.
Wohin mit der Feuchtigkeit?
Anders ist dies bei Typ 4-Konstruktionen. Hier kann die Rücktrocknung der Überdämmung nach oben über die Luftschicht erfolgen. Eine Austrocknung im Falle durchfeuchteter Dämmschichten in der Tragebene aber kann bei Typ 2 nur nach unten erfolgen. Langjährige Experimente mit diffusionshemmenden (0,5 m, sd < 1.500 m) ebenso wie mit diffusionsdichten Schichten (sd ≥ 1.500 m) haben hinlänglich bewiesen, dass weder die Diffusionsdichtheit nach unten zur Absperrung der Raumluftfeuchte noch die Diffusionsoffenheit von oben, nämlich zur Reduktion etwaiger Feuchte in der Dämmung, bauphysikalisch sinnvoll sind. Beides ist kontraproduktiv und gilt nicht mehr als Stand der Technik. Heute werden feuchtevariable Dampfbremsen eingesetzt (nach DIN 4196.3:2018-10 Schicht mit variablem sd-Wert) – meist aus Polypropylen mit veränderlicher Molekularstruktur. Eingeschlossene Feuchtigkeit in der Dachkonstruktion kann unterschiedliche Ursachen haben: Restfeuchtigkeit aus der Bauzeit in der Dämmung, Restfeuchtigkeit im Holzwerkstoff, Feuchte aus der Rohbautrocknung oder Feuchte, die hauptsächlich im Winter durch Diffusion und/oder Konvektion in die Konstruktion gelangt. Woher auch immer: Sie muss ausdiffundieren können, und diese Rücktrocknung kann über die feuchtevariablen Dampfbremsen nur zum Rauminneren hin erfolgen. Nicht zuletzt, weil die Forderung nach der luftdichten Gebäudehülle im Interesse der energetischen Sanierung keine Diffusionsströme durch die Außenwände mehr zulässt.
Vorbeugen ist besser als Heilen
Bei aller Wertschätzung der Leistung diffusionsvariabler Dampfbremsen – es wäre fatal, sich zu sehr nur auf ihre Leistung zu verlassen. Die beste Feuchtigkeit ist immer noch die, die gar nicht oder kaum anfällt. Das fängt schon mit einer straffen Bauchronologie während der Bauzeit an, also bevor Behelfsabdichtung und Abdichtung ihre Aufgabe erledigen. Zwar kommt die größte Feuchtemenge naturgemäß mit dem Niederschlagswasser von oben, sodass hier möglichst schnell die Behelfs- bzw. endgültige Dachabdichtung zum Einsatz kommen soll. Ebenso ist es erforderlich, die raumseitige Dämmung, üblicherweise ein flexibler Faserdämmstoff, und die Luftdichtheitsschicht, bestehend aus der feuchtevariablen Dampfbremse, zeitnah nach Erstellung der Holzkonstruktion einzubauen und an einbindende Bauteile fachgerecht anzuschließen – die Holzkonstruktion reagiert materialbedingt nun einmal empfindlich auf unvorhergesehene Feuchtigkeitseinträge.
Schneider Dach